ABOUT   AKTUELL   TEXT   ARCHIV   MEDIA   STUFF   CONTACT   KANAK TV   LINKS  
 

Kriminalisierte Einwanderung: Wie Legalisierung durchsetzen?

jW sprach mit Ellen Bareis von Kanak Attak, einem antirassistischen Zusammenschluß, der in diesem Jahr mit den Themen »Recht auf Legalisierung«, »No Integration« sowie »Globalisierungskritik und Antirassismus« an die Öffentlichkeit ging

F: Ihre Organisation setzt sich dafür ein, eine Legalisierungskampagne zu starten. Was versprechen Sie sich davon?

Als im letzten Jahr über das sogenannte Zuwanderungsgesetz diskutiert wurde, gab es das erste Mal seit dem Anwerbestopp in den siebziger Jahren eine Öffnung in diesem Bereich. Nach vielen Jahren wurde endlich anerkannt, daß es eine Zuwanderung nach Deutschland gibt. Gleichzeitig wurde in der Diskussion völlig ignoriert, daß bereits über eine Million eingewandert sind, die hier leben und keine Papiere haben. In der Süssmuth-Kommission wurde zum Teil noch thematisiert, daß es in diesem Bereich Legalisierungen oder zumindest eine Entkriminalisierung geben müsse. In der politischen Debatte um das Gesetz wurde das aber ignoriert. Unsere Vorstellung ist, diese Öffnung in der Diskussion über Migration zu nutzen, und klarzumachen, daß die bisher Eingewanderten das Recht auf einen legalen Status bekommen müssen, bevor weiter über ein sogenanntes Einwanderungsgesetz geredet wird.

F: Was halten Sie von der Kritik, daß eine solche Kampagne auch alle unter Druck setzen würde, die diesen Status aus unterschiedlichen Gründen nicht anstreben oder erlangen können?

Wir fordern nicht die Legalisierung von allen, die in Deutschland ohne Papiere leben, sondern es geht uns um das Recht auf Legalisierung. Es geht darum, durch die Kampagne politischen Druck zu schaffen, so daß diejenigen, die es wollen, einen legalen Status erlangen können. Eine solche Kampagne muß immer kombiniert werden mit der Forderung, diejenigen, die sich im Fall einer angebotenen Legalisierung melden, vor Abschiebung zu schützen.

F: Was schätzen Sie, wie viele Menschen das in Deutschland betrifft?

Es gibt unterschiedliche Schätzungen, die von 500000 bis zwei Millionen Betroffenen ausgehen. Es ist zu erwarten, daß es mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes, das de facto ein Zuwanderungsbegrenzungsgesetz ist, eine Erhöhung geben wird, da der Titel der Duldung wegfällt. Eine Reihe von Leuten würde dadurch in die Illegalität getrieben.

F: Es gibt Erfahrungen mit Kampagnen in anderen europäischen Ländern. Welche Bilanz ziehen Sie hier?

In Frankreich hat man unterm Strich negative Erfahrungen mit einer Legalisierungskampagne gemacht. Sie hatte die beabsichtigte Verschärfung des Ausländergesetzes zum Ausgangspunkt. In Frankreich wollte man etwas einführen, was in Deutschland seit langem Fakt ist: daß die Unterstützung von »illegalem Aufenthalt«, so der Gesetzestext, unter Strafe steht.

Es gab daraufhin in Frankreich eine große Unterschriftenkampagne, und im Zuge der Kirchenbesetzung der »Sans Papier« kam es auch zu Legalisierungen. Diese waren aber sehr eingeschränkt und führten zum Teil auch zu Abschiebungen. Auf dieser Ebene war das kein Erfolg.

Auf der Ebene der gesetzlichen Bestimmungen gab es einen partiellen Erfolg, weil das Unter-Strafe-stellen von Unterstützung und Hilfeleistung nicht durchging. Andere Verschärfungen sind allerdings realisiert worden. Es ist also insgesamt eine ambivalente Geschichte gewesen, aus der wir aber auch lernen können.

F: Gibt es Unterstützung von anderen Organisationen?

Wir haben in letzter Zeit sehr viele Gespräche geführt, und dabei haben zumindest Teile der Gewerkschaften Interesse bekundet. Wir sind außerdem mit der Caritas im Gespräch, die sich im Rahmen der Zuwanderungsdebatte für Menschen ohne Papiere in Deutschland einsetzt.

Bei einigen Nichtregierungsorgansiationen gibt es eine Ernüchterung darüber, daß im vorliegenden Zuwanderungsgesetz die Verschärfungen gegenüber den positiven Aspekten überwiegen. Also, hier gibt es Enttäuschungen und eine Bereitschaft, eine solche Kampagne mitzutragen.